SWP: IG Metall ruft zur Großdemo auf

12.05.2009 Die IG Metall sieht die Region an einem kritischen Punkt: Bislang wurde auf die Krise mit Kurzarbeit reagiert, nun drohe eine Phase der Entlassungen.

Südwestpresse, 11.05.2009, Regina Frank:

Ulm, 11. Mai 2009

IG Metall ruft zur Großdemo auf
Die IG Metall sieht die Region an einem kritischen Punkt: Bislang wurde auf die Krise mit
Kurzarbeit reagiert, nun drohe eine Phase der Entlassungen. Eine Demo trägt das Problem in die
Öffentlichkeit.
Regina Frank

Zwischen Zorn und Enttäuschung pendelt die Stimmung bei den
Lastwagenbauern von Iveco, wo die Bänder überwiegend still stehen und nun
auch noch ein Stellenabbau im größeren Stil ins Haus steht. Die Arbeiter von
Evobus, bei denen es noch vergleichsweise gut läuft, leben im Bewusstsein, dass
die Lage schnell kippen kann. Und die Beschäftigten beim Pistenbully-Hersteller
Kässbohrer, die zum bröckelnden Merckle-Imperium gehören, sind verunsichert
angesichts eines drohenden Verkaufs des Werks. Sie fühlen sich erinnert an die
Kässbohrer-Krise 1994, als die Belegschaft auch nicht wusste, wie es weitergehen
würde, wer neuer Eigentümer wird und wie es um die Zukunft der Arbeitsplätze
bestellt ist.
Noch gibt es keine Massenentlassungen in der Region. Noch reagiert die
Wirtschaft mit "kaltem Personalabbau" - also mit dem Zurückfahren von Leiharbeit
und befristeten Stellen. Doch nach Einschätzung der IG Metall droht jetzt eine
Phase des "heißen Personalabbaus". Sprich: Entlassungen. "Der kritische Punkt
ist erreicht, wo der Damm brechen könnte und wir eine große Flut bekommen",
meint der Ulmer IG Metall-Chef Reinhold Riebl. 13 Betriebe in der Region seien
hochgefährdet, darunter 7 Automobilzulieferer (einer davon, Lindenmaier in
Laupheim, meldete bekanntlich schon Insolvenz an). Die Gewerkschaft trägt das
Thema deshalb diese Woche auf die Straße und zwar am Donnerstag, 14. Mai.
Die Forderungen lauten: "Entlassungen verhindern!" - "Die Krise mit sozialen Mitteln bewältigen!" - "Die Wirtschaft sozial gestalten!"
Mit dieser Protestaktion betritt die Ulmer IG Metall Neuland. Sie läuft nicht nach
dem bekannten Muster eines Tarifkonflikts ab und hat keinen eindeutigen
Adressaten. Die Appelle richten sich an Politiker, Banken, Arbeitgeber und
Öffentlichkeit gleichermaßen.
Riebl hofft gleichwohl auf 3000 bis 4000 Teilnehmer. Allein die Belegschaften der
drei großen Fahrzeughersteller Iveco (1600 Mitarbeiter in Ulm, ohne Brandschutz),
Evobus (3800 Mitarbeiter in Neu-Ulm)und Kässbohrer (320 Mitarbeiter in
Laupheim) könnten für einen Massenauflauf sorgen. Insgesamt arbeiten im IG
Metall-Bezirk Ulm, der neben der Stadt die Landkreise Alb-Donau und Biberach
umfasst, rund 40 000 Beschäftigte.
"Es muss uns gelingen, ohne Entlassungen durch dieses Jahr zu kommen",
fordert Bernhard Maurer, Ulmer Betriebsratsvorsitzender von Iveco. Die
Belegschaft habe schließlich "geackert um den Standort nach vorn zu bringen",
und "über Nacht ist alles eingebrochen". Die Lage sei dramatisch. "Es ist schon
erschreckend, durch eine Fabrik zu laufen, die wochenlang leer steht. Da kommt
eine Art Endzeitstimmung auf." Maurers Kollege bei Evobus unterstützt die Demo
ebenfalls, obwohl der Bushersteller gut ausgelastet und Kurzarbeit noch nicht
einmal im Gespräch ist. Arbeitnehmervertreter Erwin Behringer argumentiert: "Die
Arbeitgeber haben Rekordjahre gehabt. Jetzt sind sie gegenüber den
Belegschaften in der Pflicht. Sie sollten mit Menschen nicht umgehen wie mit
Aktien."
Der Ablauf
Die Demonstration der IG Metall am 14. Mai startet am Südlichen Münsterplatz um
13 Uhr. Die Teilnehmer ziehen durch die Fußgängerzone, weiter über die
Glöcklerstraße in die Neue Straße und schließlich zum Weinhof. Dort beginnt um
14 Uhr die Kundgebung. Es sprechen der IG-Metall-Vorsitzende Berthold Huber
und der Ulmer Oberbürgermeister Ivo Gönner.

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2 von 2 12.05.2009 11:26 Uhr
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Letzte Änderung: 15.05.2009