Protest: Tausende ziehen durch Ulm
Starkregen tat der Demo der Metaller und ihrer Mitstreiter keinen Abbruch: Tausende kamen in die Innenstadt, um gegen Entlassungen zu protestieren. Unter ihnen der IG Metall-Vorsitzende Berthold Huber.
Unter einem überdachten Hauseingang windet ein Arbeiter seine rote Schildmütze aus, dann sein rotes T-Shirt. Er ist klatschnass, dennoch ist es für Klaus Sandmaier keine Frage, auf dem Weinhof auszuharren: "Entweder ich
steh' für was - oder nicht." Er hatte sich am Donnerstag wie all die anderen Teilnehmer der Demo bei Starkregen durch Riesenpfützen watend vom Münsterplatz über Hirsch- und Neue Straße zum Kundgebungsort
durchgeschlagen. Es dürften 4000 gewesen sein, schätzt die Gewerkschaft IG Metall.
Der Treffpunkt vor dem Gebäude Münsterplatz 33 war wohlgewählt: Dort residieren die Deutsche Bank und der Arbeitgeberverband Südwestmetall. Dies sind die Adressaten der Forderungen. Liane Papaioannou, die zweite IG
Metall-Bevollmächtigte, appellierte an den Verband: Er solle seine Mitgliedsunternehmen davon überzeugen, die Möglichkeiten der Kurzarbeit auch voll auszuschöpfen. Von den Banken wird erwartet, dass sie ihrer
originären Funktion nachkommen - nämlich: Kredite an zukunftsfähige Unternehmen zu vergeben, was wiederum dem Erhalt von Arbeitsplätzen dient.
Der Hintergrund: Im Moment laufen in vielen Fällen Verhandlungen über Finanzierungen. Dabei machen Banken offenbar zur Voraussetzung, dass erst Personal abgebaut wird. Das jedenfalls berichtet Kai Bliesener, Pressesprecher der
IG Metall Stuttgart. Wenn nicht, dann würden Kredite nur zu horrrenden Zinsen - "weit über acht Prozent" - vergeben. Nach Informationen der Gewerkschaft planen einige Arbeitgeber bereits Entlassungen, weil sie glauben, die
Krise sonst nicht durchzuhalten.
Der Kampf in der Region wurde unterstützt von Berthold Huber, der auch schon im Februar 1995 in Ulm um regionale Arbeitsplätze kämpfte. Damals als Betriebsratsvorsitzender von Kässbohrer, heute als Mann an der Spitze
der IG Metall und Hauptredner der Kundgebung. Er kritisierte scharf, dass "viele Unternehmen bei der ersten roten Zahl Leute entlassen wollen", nachdem sie zuvor jahrelang exorbitante Gewinne eingefahren haben. "Das ist zynisch, das ist
menschenverachtend." Es sei auch nicht einzusehen, dass Verluste der Unternehmen jetzt sozialisiert werden, nachdem Milliarden-Gewinne jahrelang privatisiert wurden - mit der Folge, "dass die Beschäftigten nun zweimal für die
Krise blechen". Einmal als Steuerzahler und noch einmal durch den Verlust des Arbeitsplatzes".
Bei dem Protest der 4000 ging es nicht allein um das Schicksal der Arbeiter in der Metall- und Elektroindustrie. Es ging um mehr. Das zeigte die Präsenz des Oberbürgermeisters, und Ivo Gönner gab dem auch Ausdruck: "Es
geht um die Zukunftsfähigkeit unserer Stadt und der Region."
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Letzte Änderung: 15.05.2009