Über die Krise hinaus

Pressedienst

08.03.2010 Bericht von Andreas Hacker in der Südwest Presse Ehingen vom 06.03.2010

Ehingen. Sie kümmern sich um Raucherecken wie um die Sicherheit der Arbeitsplätze: die Betriebsräte. Von März bis Mai werden sie neu gewählt. Wichtig für ihre Arbeit ist der Rückhalt in der Belegschaft.

In der Krise zeigt sich besonders deutlich, was Betriebsräte leisten können. In Schelklingen zum Beispiel ist es gelungen, befristet Beschäftigte bei Cooper Standard Automotive trotz einer um 15 bis 20 Prozent gesunkenen Auslastung nun schon im zweiten Jahr im Werk zu halten, wie der Betriebsratsvorsitzende Frank Pamin gestern bei einer Pressekonferenz der IG Metall in Ehingen beschrieb. Kurzarbeit und eine Betriebsvereinbarung machten das bei dem Automobilzulieferer möglich.

Neuweg in Munderkingen gäbe es heute wohl nicht mehr, meint der Betriebsratsvorsitzende Dietmar Moll, wenn auf dem Höhepunkt der Krise 2006 die IG Metall nicht alle Hebel in Bewegung gesetzt hätte. Jetzt gehört der Kugellagerspezialist zum NSK-Konzern in Japan und hat im vergangenen Jahr nach klaren Vorgaben der Spitze rund 100 Stellen abbauen müssen - betroffen waren Leiharbeiter und Beschäftigte mit befristeten Verträgen, zudem gab es Aufhebungsverträge und Altersteilzeit. Doch auch dieser Abbau auf jetzt noch 128 Mitarbeiter wurde gestaltet, und die Leute wüssten, was sie am Betriebsrat haben. Für die Neuwahl am 15. März gibt es 13 Kandidaten für die 7 Plätze im Gremium, alle von der IG Metall, die nach Angaben Molls ihren Organisationsgrad deutlich gesteigert hat und jetzt auf eine Wahlbeteiligung von über 80 Prozent hofft.

Das wäre ein wichtiges Signal für den Rückhalt in der Belegschaft, denn der Betriebsrat hat, wie Rolf Ebe von Liebherr in Ehingen erklärt, ein Mandat, das weit über die Krisenbewältigung hinausgeht - von Fragen der Eingruppierung und des Entgelt bis zur Arbeitssicherheit und der Ausbildung. Weil in Deutschland der Gesetzgeber die Regelung der Arbeitsbeziehungen zu einem großen Teil den Tarifpartnern und der betrieblichen Mitbestimmung überlassen hat, sind Betriebsräte mehr als ein Sprachrohr der Belegschaft - sie sorgen, wie Stefan Baer von EADS in Ulm sagt, für innere Ordnung im Unternehmen. "Mit Betriebsrat gibt es nachweislich bessere Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten", sagt Christoph Dreher von der IG Metall in Ulm, die mit dem Forum der Betriebsräte gestern in Ehingen für die anstehenden Wahlen wirbt.

Ebe, derzeit stellvertretender Betriebsratsvorsitzender, weiß aus der Erfahrung vergangener Jahre, dass es im Raum Ehingen immer wieder Fälle gab, in denen Firmen in Insolvenz gegangen sind und Beschäftigte, die zuvor beim Thema Betriebsrat, Gewerkschaft und Mitbestimmung abgewunken hatten, plötzlich auf der Matte standen und um Hilfe baten. "Da ist das Kind schon in den Brunnen gefallen", sagt Ebe, der bei Liebherr in Ehingen für die Wahl am 16. März auf Platz einer Liste von 47 Kandidaten steht. "Wer gut vertreten sein will, braucht einen Betriebsrat."

Das Gremium in Ehingen verändert sich in diesem Jahr spürbar. Weil die Stammbelegschaft auf 2700 Mitarbeiter gewachsen ist, sind diesmal 21 statt 19 Betriebsräte zu wählen. Und weil mit dem langjährigen Vorsitzenden Peter Erhard auch weitere Mitglieder altershalber ausscheiden, steht schon fest, dass es im Werk Ehingen sieben Neue geben wird. Die Wahl ist eine Persönlichkeitswahl, doch alle Bewerber sind Mitglied der IG Metall.

Bei Cooper in Schelklingen wählen die 344 Mitarbeiter am 23. März den neuen Betriebsrat. Hier gibt es für die neun Sitze im Gremium 20 Kandidaten.

Letzte Änderung: 08.03.2010