Bei Iveco liegen die Nerven blank

Pressedienst

08.03.2010 Bericht in der Schwäbischen Zeitung (Ulm) vom 04.03.2010

(Ulm/heo) - Die Ruhe in der Brummi-Montage bei Iveco muss Bernhard Maurer nach all den Jahren im Betrieb gespenstisch vorkommen. 1970 fing der heute 55-jährige als Werkzeugmacher-Lehrling bei Klöckner-Humboldt-Deutz an.

Vierzig Jahre, viele Krisen und eine Übernahme des Fiat-Konzerns später ist der Schwabe frei gestellter Betriebsratsvorsitzender. Als einer der ganz wenigen der 1400 Beschäftigen im Werk Ulm arbeitet er nicht kurz. Seine Kollegen kommen in Zeiten von 60-prozentiger Kurzarbeit nur an drei von fünf Werktagen zur Arbeit. Nur Betriebsräte haben in der Krise mehr zu tun als sonst.

"Die Nerven liegen blank", bilanziert Maurer nach anderthalb Jahren Kurzarbeit bei Iveco. Seit 1998 habe das Ulmer Werk jeden Auftragseinbruch verkraftet, ohne Entlassungen aussprechen zu müssen. Maurer kann nur hoffen, dass die bislang schwerste Krise mit Auftragseinbrüchen bei schweren Lastwagen von fast 50 Prozent auch diesmal die Stammbelegschaft an Bord lässt.

Vertrag setzt auf Kurzarbeit

Dazu trage auch der neue Tarifvertrag bei, der weiter auf das Instrument Kurzarbeit zur Beschäftigungssicherung setzt. Am 21. April dieses Jahres werden Maurer und seine 1400 Kollegen der Lasterfertigung vermutlich schlauer sein. Denn an diesem Mittwoch werde der neue "Industrielle Plan" der Konzernmutter Iveco veröffentlich. Alle vier Jahre lege die Fiat AG in solchen Plänen die Marschrichtung fest. Darin enthalten seien bislang auch immer genaue Angaben über das benötigte Personal enthalten gewesen. Ab und an also auch unangenehme Neuigkeiten für die Belegschaft. Geheimnisumwittert sei der Plan.

Fiat will "gute Dinge"

Doch bislang sei durchgesickert, dass Fiat "gute Dinge" mit dem Ulmer Werk vorhabe. "Wir können es schaffen, Entlassungen zu vermeiden", sagt Maurer. Doch er weiß, dass dafür über kurz oder lang eine Steigerung der Nachfrage notwendig ist. Langsam, sehr langsam gehe es bereits bergauf. 2009 wurden unter 6000 Laster in Ulm produziert. In guten Jahren waren es mehr als 20 000. Laut Maurer blicke die italienische Firmenmutter neidvoll auf das deutsche Modell betrieblicher Mitbestimmung. Täglich werde im Ulmer Werk vorexerziert, dass Werksleitung und Betriebsräte auch in Krisenzeiten Schulter an Schulter zusammenarbeiten können.

In italienischen Werken sei das durch eine andere Struktur nicht so: "Täglicher Aufstand" statt täglicher Gespräche. Bei Iveco fanden die Betriebsratswahlen 2010 bereits statt. Die Beteiligung (88 Prozent) sei noch nie so hoch gewesen.

Konstituierende Sitzung

Am kommenden Montag wird sich der neue Betriebsrat zu seiner konstituierenden Sitzung treffen. Maurer will sich wieder um den Vorsitz bewerben. Und weiter Hand in Hand mit der Geschäftsführung dafür kämpfen, dass die Stille rund um die Förderanlagen bald ein Ende hat.

Letzte Änderung: 08.03.2010