"Betriebe mit Betriebsrat fahren besser"

Pressedienst

08.03.2010 Bericht in der Schwäbischen Zeitung vom 05.03.2010 - Roland Ray

(LAUPHEIM/sz) Von März bis Ende Mai sind bundesweit Betriebsratswahlen. Bei einer Pressekonferenz in Laupheim appellierte die Gewerkschaft IG Metall am Donnerstag an die Beschäftigten, ihr Stimmrecht auszuüben. Gerade in Krisenzeiten zeige sich die herausragende Bedeutung der Institution Betriebsrat.

"Mit Betriebsrat hat man's besser", sagt die Ulmer IG Metall-Bevollmächtigte Liane Papaioannou. "Über diese Vertretung können Belegschaften ihre Rechte und Interessen gegenüber dem Arbeitgeber geltend machen und wahren." Das können kleine Sorgen sein, die Umsetzung von Tarifverträgen, Regelungen zur Arbeitszeit, zur Weiterbildung oder zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf. In der Wirtschaftskrise kommen freilich auch brisante Themen aufs Tapet. Nicht zuletzt wenn es um die Einführung von Kurzarbeit gehe oder darum, einen Sozialplan durchzusetzen, seien Betriebsräte unverzichtbar, betont die Gewerkschafterin.

Auch die Geschäftsleitung profitiert, ist Albert Diesch, Betriebsratsvorsitzender bei Diehl Aircabin, überzeugt. Das Wissen und die Erfahrung der Betriebsräte seien hilfreich beim Aushandeln von Vereinbarungen und Kompromissen. Man begegne sich auf Augenhöhe, "viele Firmen finden so bessere Lösungen zum Wohl des Ganzen". Dieschs Fazit: "Betriebe mit Betriebsrat fahren besser." Sein Kollege bei Kässbohrer, Roland Jakobson, spricht von "gelebter Demokratie".

In jedem Unternehmen mit mindestens fünf Beschäftigten kann laut Gesetz ein Betriebsrat gebildet werden. Vor allem in kleinen Firmen werde das häufig nicht gemacht, weiß Liane Papaioannou. Die Angst, aus der Deckung zu kommen, stecke in vielen Köpfen. Dabei sehe das Gesetz einen besonderen Kündigungsschutz für Wahlvorstände, Betriebsräte und Jugendvertreter vor. Ihnen allen bietet die IG Metall Schulungen und dauerhafte begleitende Unterstützung an.

Papaioannou, Diesch und Jakobson sind sich einig: Gerade in der Krise sind Betriebsratswahlen wichtig. "Eine hohe Wahlbeteiligung stärkt uns den Rücken", sagt Jakobson. "Das sieht der Arbeitgeber."

Wie wichtig es ist, zusammenzustehen, erkennen offenbar auch immer mehr Arbeitnehmer ohne Betriebsrat. Erstmals seit Längerem verzeichnet die IG Metall eine Handvoll Neugründungen in der Region. Der Zusammenhang mit den Auswirkungen der Wirtschaftskrise sei eindeutig.

38 000 Beschäftigte können wählen

In der IG-Metall-Region Ulm/Alb-Donau-Kreis/Biberach zählt die Gewerkschaft derzeit 750 Betriebsräte in 105 Betrieben. Sie vertreten 38 000 Menschen, drei Viertel der Beschäftigten in der hiesigen Metall- und Elektroindustrie.

Alle vier Jahre finden Betriebsratswahlen statt. 2006 lag die Wahlbeteiligung in der Region laut IG Metall bei 70 Prozent.

Bei Kässbohrer in Laupheim wurde bereits am 2. März gewählt. Die Wahlbeteiligung lag bei "weit über 95 Prozent". 19 Kandidaten, darunter drei Frauen, bemühten sich um die neun Mandate. "So viele Bewerber hatten wir noch nie", sagt Roland Jakobson. Am Montag konstituiert sich der neue Betriebsrat, dem zwei Frauen angehören werden.

Beim Flugzeugausstatter Diehl Aircabin wird am 10. März gewählt. Es gibt 29 Kandidaten für 15 Betriebsratssitze.

Letzte Änderung: 08.03.2010