Pressemitteilung IG Metall Ulm 5.9.2010

06.09.2010 Ernshafte Analyse statt Geisterbeschwörung IG Metall Ulm fordert von Arbeitgebern Aufbau der Stammbeschäftigung

In der zurückliegenden Woche stellte Reinhold Riebl, der 1. Bevoll-mächtigte der IG Metall Ulm, das Arbeitsprogramm der Gewerkschaft bis zum Jahresende 2010 vor. Dabei bezog er auch Stellung zur wirt-schaftlichen Situation und zu den Perspektiven in der Region. "Die öffentliche Diskussion ist viel zu sehr bestimmt von wahlkämpfen-den Politikern und hat eher den Charakter von Geisterbeschwörung statt von ernsthafter Analyse", so Riebl.
Riebl leitet seine Aussagen aus der Entwicklung der Beschäftigung seit Juni 2008 ab. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Finanzmarktkrise noch nicht auf die produzierende Wirtschaft übergegriffen.
Seitdem wurden im räumlichen und fachlichen Zuständigkeitsbe-reich der IG Metall Ulm 3020 Arbeitsplätze abgebaut, davon knapp 2000 Leiharbeitnehmer. Damit liegt das Beschäftigungsniveau Mitte 2010 um knapp 7% unter dem vom Juni 2008. Riebl konnte bestäti-gen, dass seit Mitte 2009 wieder Beschäftigung aufgebaut wird. Al-lerdings werde dieses Wachstum in der Gesamtbetrachtung aus-schließlich durch die Zunahme der Leiharbeit (+ 336 seit Juni 2009) realisiert. Riebl räumte ein, dass auch die Leiharbeitsfirmen sozial-versichungspflichtige Arbeitsplätze anbieten. Er verwies aber auf die um 30% bis 50% niedrigeren Entgelte der Leiharbeitnehmer gegen-über den Stammbeschäftigten in der Metall- und Elektroindustrie. "Das Prinzip ‚Gleiche Arbeit, gleiches Entgelt' ist unteilbar. Wer sich dafür im Sinne der Gleichstellung von Männern und Frauen im Ar-beitsleben einsetzt, und das tun die Gewerkschaften, der muss auch die in Deutschland praktizierte Form der Leiharbeit bekämpfen."
Vor dem Hintergrund dieser Entwicklung ging der IG Metall Bevoll-mächtigte auch auf die Tarifentwicklung in der Metall- und Elektro-industrie ein. Die Situation habe sich spürbar verbessert, sei aber nach wie vor sehr uneinheitlich. Vor Beginn der Ferienwochen habe die IG Metall Ulm in ihrem Zuständigkeitsbereich noch ca. 2.000 Kurzarbeiter gezählt. Auf dem Höhepunkt der Krise 2009 seien weit über 7.000 Arbeitnehmer persönlich von Kurzarbeit betroffen gewe-sen. Auch bei der Firma Iveco gebe es einen erfreulich kräftigen Auf-tragsboom. Auch hier könne die Zahl der Kurzarbeitstage im zweiten Halbjahr verringert werden, doch reiche das Volumen der Aufträge eben noch nicht für eine Vollauslastung.

Die IG Metall ist vertragstreu
Angesichts der 6% Forderung der IG Metall für die Beschäftigten in der Stahlindustrie sagte Riebl: "Die IG Metall macht in der Stahlindu-strie das, was wir in der Metall- und Elektroindustrie dann tun wer-den, wenn wir wieder festen Boden unter den Füßen haben." Riebl warnte davor, so zu tun als sei die Krise überwunden. "Ob die Auf-schwungbewegung tragfähig ist, wissen wir frühestens zum Ende des Winters 2011. Von Geisterbeschwörungen wird niemand satt." Die IG Metall stehe zu den im Jahr 2010 abgeschlossenen Tarifverträgen, die schwerpunktmäßig der Beschäftigungssicherung gedient hätten. Riebl forderte allerdings von den Arbeitgebern das Vorziehen der 2,7% Tariferhöhung auf den 1. Februar 2011. Mit diesem tariflichen Instrument könnten Betriebe auf die verbesserte wirtschaftliche Si-tuation reagieren. Riebl stellte die Prioriäten der IG Metall Ulm für die nächsten Monate dar: "1. Jeder Millimeter Spielraum, den die Be-triebe durch eine verbesserte Auslastung zurückgewinnen, muss in den Aufbau der Stammbelegschaften gesteuert werden. 2. Zusätzli-che Erträge müssen zur Auffütterung der Eigenkapitalbasis einge-setzt werden, damit die Betriebe im Falle von neuerlichen Produkti-onseinbrüchen wieder so robust sind, die Beschäftigung zu sichern. 3. Betriebe, die jetzt in eine Aufholjagd eintreten und von ihren Be-schäftigten Mehrarbeit und Sonderschichten verlangen, müssen das Weihnachtsgeld über das Tarifniveau hinaus aufstocken." Das sei angesichts der Einbußen, die die Beschäftigten während der Unter-auslastungsphase hatten, nach Ansicht von Reinhold Riebl nur recht und billig.
Objektive Bedrohungslage hat sich verschärft
Ein Schwerpunkt der Aktivitäten der IG Metall Ulm sei die Mobilisie-rung für eine landesweite Demonstration am 13. November 2010 in Stuttgart. Dort wollen die Gewerkschaften in Baden Württemberg von der Politik eine konsequente Regulierung der Finanzmärkte ein-fordern. "Wenn wir jetzt einfach zur Tagesordnung übergehen, dann wird uns die Finanzindustrie die nächste Krise bescheren." Aus Sicht von Reinhold Riebl habe sich zwar die aktuelle Bedrohungslage für die Beschäftigung in den letzten Monaten deutlich entspannt. "Im Gegensatz dazu hat sich die objektive Bedrohungslage aber ver-schärft. Die Mittel, die die öffentliche Hand einsetzen konnte um die Krisenauswirkungen einzudämmen, stehen kein zweites Mal zur Ver-fügung. Schon deshalb muss eine Wiederholung des Desasters unbe-dingt verhindert werden."

Über eine Berichterstattung würden wir uns freuen.
Mit freundlichen Grüßen
Christoph Dreher

Anhang:

Pressemitteilung_Herbst 2010

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Letzte Änderung: 06.09.2010